Wie bekommen wir den Standort Deutschland wieder flott?
Am Dienstag, den 22.10.2024 lud der FDP-Kreisverband Ortenau Interessierte und Mitglieder zu einer wirtschaftspolitischen Veranstaltung unter dem Titel „Wie bekommen wir den Standort Deutschland wieder flott?“ ein. Zu Gast war man bei den Badischen Stahlwerken in Kehl. Redner waren Werner Krieger, Geschäftsführender Gesellschafter der GFA Vermögensverwaltung GmbH Herbolzheim, Martin Gassner-Herz, Bundestagsabgeordneter im Wahlkreis Offenburg und Andreas Volkert, Geschäftsführer der Badischen Stahlwerke.
Wie dort, unter Einsatz von Strom, Stahl-Schrott eingeschmolzen und direkt zu Stabware weiterverarbeitet wird, konnten die Teilnehmer bei einer Werksführung persönlich erleben. Andreas Volkert führte die Gruppe durch das gesamte Werk, beginnend von der Schrott-Anlieferung über die zwei Lichtbogenöfen, welche diesen zu flüssigem Stahl erhitzen über die beiden Stranggießanlagen und die zwei Walzwerke. Dieser integrierte Prozess ist einer der Gründe, warum die BSW weltweit zu einem der produktivsten Stahlwerke zählt.
„Ein derartiges Werk ist sehr beeindruckend und es wurde allen Teilnehmern deutlich, warum die BSW ein idealer Ort ist, um über Wirtschaftspolitik und unsere Standortbedingungen zu sprechen“, so der Kreisvorsitzende Johannes Baier, der die anschließende Vortrags- und Diskussionsveranstaltung moderierte. Dort referierte zunächst Werner Krieger aus seiner Sicht als Investmentanalyst über viele Statistiken, welche die Herausforderungen verdeutlichten. Im Anschluss führte Martin Gassner-Herz die dahingehenden Beschlüsse der Bundesregierung, insbesondere aber auch die Forderungen der angestrebten Wirtschaftswende der FDP-Bundestagsfraktion aus. Andreas Volkert formulierte die Sichtweise und Forderungen aus Sicht der Badischen Stahlwerke.
„Es ist offensichtlich, dass der Standort Deutschland leidet, was Industrieproduktion, Wirtschaftswachstum, Investitionsquote und viele weitere wirtschaftliche Kennzahlen angeht“, zog Werner Krieger an vielen Statistiken und Grafiken ein düsteres Bild der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands. Er machte aber auch deutlich, dass dies keine neue Erkenntnis ist: „Zwar haben insbesondere Corona sowie die aktuellen Kriege und Krisen diese Effekte beschleunigt; doch die Maßnahmen der aktuellen Bundesregierung sind zu zaghaft und zu zögerlich. Einige zentrale Themen zur Verbesserung der Standortqualität Deutschlands, wie zum Beispiel eine Reform der Unternehmenssteuern, Abbau des Bürokratismus oder auch wettbewerbsfähige Strompreise würden nicht sichtbar angegangen werden. An anderer Stelle, wie zum Beispiel den Kosten der Migration oder dem Bürgergeld verrennt man sich wieder, was die Sozialversicherungskosten explodieren lässt. Das wir bei allen wesentlichen Wirtschafts- und Industriedaten zurückfallen, sehen wir jedoch schon deutlich länger, insbesondere im internationalen Vergleich“.
Diese Sichtweise bestätigte auch Martin Gassner-Herz: „Wir haben die Probleme die letzten Jahrzehnte vor uns hergeschoben, auf substanzielle Reformen verzichtet und daher auf Substanz gelebt. Das spüren wir heute“. Dennoch betonte er, dass Zuversicht entscheidend sei: „Ich habe den Glauben nicht verloren, dass wir in der Lage sind die selbst geschaffenen Probleme und verpassten Reformen umzusetzen. Dazu dürfen wir nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern wir müssen die Ärmel hochkrempeln, mutig und zuversichtlich anpacken. Und zwar in allen Teilen der Gesellschaft. Ich wünsche mir insbesondere von der Wirtschaft, dass diese lauter aufbegehrt gegen weitere Subvention und staatsgetriebene Ausgabenprogramme und stattdessen ernsthafte Reformen einfordert.“
Andreas Volkert betonte, dass ihm im politischen Handeln in Bezug auf wettbewerbsfähige Energiepreise eine langfristige Strategie notwendig ist: „Für uns geht es nicht nur um CO2-armen Strom: Wir benötigen für viele Prozesse auch Erdgas. Dieser muss für die Klimaneutralität durch Wasserstoff ersetzt werden, aber dazu bedarf es der notwendigen Infrastruktur und Verfügbarkeit. Ich sehe insbesondere kein Konzept wie der Hochlauf funktionieren soll, bis Wasserstoff in den benötigten Mengen und zu wettbewerbsfähigen Preisen geliefert wird.“ Im Weiteren führte Andreas Volkert aus, dass aus seiner Sicht ein großer Teil des deutschen Wohlstands auf funktionierenden Wertschöpfungsketten basiert: „Diese beginnen in der Grundstoffindustrie immer mit Köpfen, Rohstoffen und Energie. Gehen diese Grundlagen, beispielsweise wegen zu hoher Energiepreise und nicht wettbewerbsfähiger Arbeitskosten verloren, so gehen ganze Wertschöpfungsketten von Industrie bis über Mittelstand verloren“ Von der Politik wünscht er sich vor allem Technologieoffenheit und weniger Regulierung: „Alle Reden immer über Bürokratie, dabei ist diese nur das Ergebnis bzw. die Anwendung der dahinterliegenden Regulatorik. Wer also Bürokratieabbau ernst nimmt, beschäftigt sich mit Deregulierung“, schloss Andreas Volkert.
Nach einer ausgiebigen Frage- und Antwortrunde mit den Teilnehmern der Veranstaltung schloss Johannes Baier mit Dank an alle Beteiligten: „Der Abend hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig und zielführend ein konstruktiver Austausch zwischen Politik und Wirtschaft ist und es freut uns, wenn wir sowohl Gesprächsbereite Unternehmen und Experten gewinnen können, aber auch interessierte Teilnehmer für unsere Veranstaltungen.“